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Channel: Allgemein – annachiedotcom
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Abteil

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November Zeit, Kongress Zeit. Als ich den Zug buche,  geht nur Abteil, kein Großraum. Oh, denke ich. Das kann ja heiter werden. In meiner Freizeit habe ich nicht so gerne engen Kontakt zu fremden Menschen.  Es reicht mir auf der Arbeit, es gibt genug Verrückte.  Wenn ich 70 bin, sitze ich auf einer einsamen Insel, habe ein LTE Netz und lasse mich von Amazon beliefern. Und spreche nur Montags und Mittwochs. Aber ich merke, ich schweife ab.

D. und ich betreten das Abteil. Ein Geschäftsmann und ein Schüler sitzen drin. Der Anzugmensch räumt mit hochgezogenen Augenbrauen sein Büro von meinem reservierten Sitz. Der Schüler ist ruhig, schläft ins Leere. In Köln steigen beide aus. Zu uns steigt ein mittelaltriger Mann  mit Multifunktionsjacke. Er zieht seine Nase hoch, rhythmisch. Vielleicht ist er erkältet, denke ich mitleidig. Er schnüffelt weiter, als würde er morsen. Nach fünf Minuten könnte ich ihn mit der Kordel seines Wanderanoraks umwickeln. Und fest zuziehen. Die Heizung läuft auf vollen Touren. Jede Wette,wenn ich sie runterdrehe, gibt es stundenlange Diskussionen mit dem Schnüffler. Ich versuche zu lesen.

In  Koblenz steigt eine Erdmutter zu. Senffarbene Filztasche (Leder ist pfui), rote Wollstrümpfe, bequeme Finnlaufschuhe. Sofort entbrennt  eine Streiterei wegen“Es ist so heiß hier“ zwischen ihr und dem Schnüffler. Er setzt sich durch. Manche Kriege gewinnt man nicht. Die Erdmutter öffnet ihre Filztasche und holt einen wurmstichigen Apfel raus. Sie mustert kritisch unsere chemisch bunten M&M´s.  D. lässt vor Schreck die Packung fallen, die Hälfte rollt raus. Wir kriechen unter die Sitze und sammeln alles auf. Die Erdmutter erdolcht uns mit Blicken. Endlich kommt unser Umsteigebahnhof. Schnell raus in den Anschlußzug. Endlich Großraum. Freiheit. Auf meinem Platz sitzt eine blonde hagere Frau. Lange Diskussionen, bis Madame sich erhebt und sich zu unserem Erstaunen auf einen Platz vor mir niederlässt – den hatte sie ja reserviert.

Ich will zurück. In die Hitze. Zur Erdmutter. In das Abteil.



Rückblick

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Wie war Dein Jahr? Gut, erfolgreich, rasend schnell vorbei.

Zum ersten Mal gemacht? Parallel zur A 40 Fahrrad gefahren (geht wirklich).

Nie wieder machen? Im 5 Sterne Hotel übernachten. Aufdeckservice, Abdeckservice, fiese Barmusik, nichts für mich.

Welche Frisur? Was soll ich sagen? Wie immer. Habe sie mühsam  wachsen lassen, um sie dann wieder abzuschneiden.

Und im Beruf? Wenig Urlaub. Gute Zahlen. Vermisse meinen alten kommissarischen Chef. Früher war alles besser, *Gehstockschwenk*.

Gelernt? Wenn ich Rotwein trinke, kann ich fließend perfekt auf Englisch fluchen. „The service here is very bad, very bad!!!“

Schön gewesen? Nordostengland mit der größten Portion fish and chips ever. Harry Potter Bahnhof und den Hogward Express gesehen, Berlin am heißesten Tag des Jahres. Auf der Havel. In Potsdam. Taufe und Einschulung.

Krank gewesen? Ja, stolze Besitzerin eines Erythema exsudativum multiforme für zwei Wochen.

Motto des Jahres? „Irgendwas ist immer.“

Spruch des Jahres? „Brot ist Gift“  Gnarrr. Ich kann diese Paleo Freaks Freunde  nicht mehr ertragen. Ich liebe frisches Brot. Punkt.

Unwort des Jahres? Da gab es so viele. Armlänge (und nein Frau Rieker, wir haben Sie nicht falsch verstanden!)

Film des Jahres? So richtig war nichts dabei, Bastille  und Don´t breathe haben mir  gut gefallen.

Getränk des Jahres? Pimm´s No. 1. Mit Limetten.

Bester Song? Strange little girl. Alt aber gut.

Und sonst? Schau´n wir mal, was 2017 bringt. Aber Ängste sind  ja nur postfaktisch🙂


Helfen

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Irgendwann will ich nicht mehr helfen müssen. Es ist dunkelt, regnet, es ist Montag.  Ich biege in den Parkplatz ein. Vor mir schleicht ein silberner Mercedes mit EN. Das kann ja heiter werden denke ich. Und richtig. Er hält vor der Schranke.  Und setzt in einem Schwung zurück. Ohne zu gucken. Herrlich!  Hinter mir ein LKW. Es ist eng. Stundenlanges Rangieren, bloß weil EN doch nicht mehr auf den Parkplatz will. Seine Ehefrau wedelt ungeduldig mit den Armen. Ich könnte  sie aus dem Auto holen und nach EN zurückschießen.   Endlich auf dem Parkplatz. Ich steige aus. Gegenüber steht ein grüner Polo. Daneben eine ältere Frau. Fummelt mühsam am Schloss. Ich tue so, als hätte ich sie nicht gesehen. Es nützt nichts. „Haaaaallooo“ trompetet es in meine Richtung. Können Sie mal eben? Was mal eben? Sprich ganze Sätze!  Die Tür abschließen, klemmt irgendwie.  Ja, auch das mache ich.

Vor dem Aufzug treffe ich das EN Paar. Die irren hilflos umher. Natürlich helfe ich Ihnen gerne und bringe sie auf den Weg. Kunden und so.

Natürlich habe zeige ich Verständnis für eine matronenhafte Tochter, die über dem Tresen hängt mit einer fünf Tage alten Einweisung. Und sich lauthals beschwert, dass wir nicht innerhalb von einer Stunde ein freies Bett auf unserer überfüllten Station herzaubern können.

 

Oben auf der Station 9 lieg ein schwer deliranter 95 jähriger Patient mit einer Hirnblutung. Er schreit seit drei Stunden Hallo oder Hilfe oder Gerti oder Hallo  Gerti. Schlägt und kneift das  Pflegpersonal. Schmiert alles (braun oder gelb ) an die Wände. Die Schwestern haben heute das Bett  fünfmal bezogen. Er ist nicht rehafähig. Die beiden Töchter sehen das anders. Wir würden ihm nicht helfen wollen, sie wollen sich beschweren. Bei der Krankenkasse, bei der Geschäftsführung, bei der Bild. Bei wem auch immer.

In der Stationsküche sitzt Schwester Ebru und heult vor Wut. Sie will gerade nicht mehr helfen.

 


Fehler

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Gestern sah ich eine Sendung über Sibirien. Dort lief ein Holzarbeiter zwei Tage durch den Schnee zum nächsten Krankenhaus. Er hatte einen Holzsplitter im  Auge. Er wartete geduldig fünf Stunden in der Ambulanz, bis er an der Reihe war.

Heute rief eine Ehefrau auf unserer Station an. Der Mann kommt in zwei Tagen. Sie wollte wissen,  wieviel  Quadratmeter das Zimmer hat. Nicht, dass es zu klein ist.

Finde den Fehler 🙂

 


Redezeit

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Ja, Arzt ist ein kommunikativer Beruf, Reden und Zuhören ist wichtig. Aber wichtiger ist es, Patienten zu behandeln.

Ehemann einer Privatpatientin:

Ruft mich um 8 Uhr an: „Wie geht es meiner Frau?“ (nebenbei, die Frau ist fit und hat ein Telefon neben dem Bett). Endloser Ping Pong Dialog, Dauer 12 Minuten.

Ruft um 10 Uhr an: “ Wieso ist meine Frau noch nicht im OP?“ (Es soll ein Demerskatheter entfernt werden, nichts dramatisches). Dauer 6 Minuten.

Ruft um 12 Uhr: „Wieso ist sie noch im Aufwachraum?“ Dauer 5 Minuten

Ruft um 14 Uhr bei der Sekretärin an. Will jetzt endlich mal Auskunft haben und einen richtigen (Chef) Arzt sprechen (ich mache den Beruf ja erst seit 22 Jahren). Dauer 10 Minuten.

Ruft um 15 Uhr an. Will wissen, wieso es so lange gedauert, den Katheter zu entfernen. Dauer 5 Minuten.

Ich kann es Dir sagen, wieso es so lange gedauert hat.

Weil wir ewig am Telefon hängen.

 


Koffein

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Bei mir ist es wie bei den Gremlins. Gib mir kein Koffein nach 18 Uhr.

Weil dann  an einem Sonntag Abend nach 50 ml Cola light folgendes passiert:

19 Uhr: Wasche meine Wäsche aus dem Waschkorb.

20 Uhr: Wasche meine komplette Wäsche aus dem Kleiderschrank.

21 Uhr: Bringe den Müll nach draußen. Sortiert. Müsste mal die Blumenkästen machen.

22 Uhr: Surfe im Netz nach neuen Möbeln.

22.35 Uhr: Surfe im Netz nach neuen Wohnungen, Häusern.

22. 50 Uhr: Gucke nach, ob das alte Umzugsunternehmen noch existiert. Wie bin ich eigentlich auf die Seite von Heidi Klum gekommen?

23.10 Uhr: Wechsel mein Profilbild bei Whats App aus. Dreimal. Verlasse zwei Gruppen. Lösche vier Nummern, speichere zwei wieder ein.

0.25 Uhr: Überlege, ob ich mir schnell die Haare färbe.

0.45 Uhr: Zwinge mich ins Bett.  Es ist Montag. Was steht an diese Woche? Bekomme ich alle Patienten unter, die angemeldet sind? Der Gastrobefund von Frau Müller steht noch aus. Hoffentlich sind alle Assistenten morgen wieder da.

1.10 Uhr bis 3.25 Uhr: Gucke die Staffel Fleabag. Komplett.

5.45 Uhr: Der Wecker schellt. Und schellt.

 

 

 

 

 


Valentin

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Das einzige Lied, das zu diesem nervigen lieblichen Herzchen Tag passt. Darauf eine Kanne Bier einen Prosecco!


Noch Fragen?

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Kommt die Frau von Herrn P. hektisch zu mir. Sie will unbedingt und jetzt und sofort mit mir sprechen. Ich wundere mich.  Herr P. soll in zwei Tagen entlassen werden. Erwachsener, orientierter, nicht dementer Patient. Komplikationsloser Verlauf nach einer Hüft TEP.

Ich gehe aufs Zimmer.
Ich: „Sie hatten eine dringende Frage?“

Frau P.: „Ja, wie geht es denn meinem Mann eigentlich?“

Ich: „Herr P. , wie geht es Ihnen denn eigentlich?“

Herr P.:  „Klasse, alles gut.“

Frau P.:  „Und wann kann er nach Hause?“

Ich:  „Herr P. , wann können Sie nach Hause?“

Herr P.:  „Am Freitag!“

Noch Fragen?



Die Leut´

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Gut eingerichtete Krankenzimmer sind für Patienten wichtig.

Es klopft bei meiner Sekretärin. In der Tür steht eine Frau, an jedem Finger einen Ring, auch am Daumen, Sonnenbrille im blondierten Haar (draußen ist es 8 Grad und Dauerregen)

Brille: „Meine Name ist Frau Vonundzu . Mein Mann soll morgen hier aufgenommen werden. Ich war gerade auf einer Station und habe mir die Zimmer angeguckt. Die sind viel zu klein!!! Da soll er für 14 Tage jetzt rein??“  Die Ungläubigkeit spiegelt sich in ihrer Brille.

Ich kläre sie auf, ohne dass es was nützt. Der Ehemann wird in keinem Hasenkäfig untergebracht, die Zimmer sind frisch renoviert, bodentiefe Fenster, Mosaikfliesen im Bad, große Flachbildfernseher, schöne Farben.

In meinem Kopf spiegelt sich gerade was anderes. Ich überlege, ob die Bling bling Frau einfach so in die Patientenzimmer reinmarschiert ist.

Ja, das hat sie getan.

Sie ist 30 Kilometer gefahren, hat sich in einen Stau auf die A40 gestellt, hat einen Parkplatz gesucht, sich bis in die 9. Etage gekämpft und ist dann einfach in ein Zimmer gegangen. Welches zu klein ist. Und für Ihren Mann nicht in Frage kommt. Ich frage mich ja immer in solchen Situationen:

Haben die Leut´nichts zu tun?


Aufklärung

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Patienten über Magenspiegelung, Darmspiegelung, Operationen usw. aufzuklären, kann  harte Arbeit sein und viel Geduld und Nerven verlangen.

Gehörlos Gerd:

Gerd hat auf dem rechten Ohr noch 0,2 % Hörvermögen und auf dem linken Ohr nix.  Er hat seine Hörgeräte im Wert eines Mittelklassewagens in der Schublade liegen, seine Batterien vergessen oder weigert sich zuzugeben, dass sich sein Hörvermögen auf dem Niveau eines Wassermolches befindet.
Dass ein Gehörlos Gerd in Zimmer 7 liegt, erkennt man bereits am Gebrüll der Krankenschwester,  die die Worte „ZETTEL“ und „AUSFÜLLEN“ abwechselnd laut artikuliert, gestikuliert und tanzt, um Gerd klar zu machen, was man hier von ihm will.

Eltern:

Gut, als Geriater hat man damit nicht so oft Kontakt. Aber die klagenden Anästhesisten, die mit mir Mittag essen gehen, um so mehr. Hier hat man es mit einem schwierigem Klientel zu tun. Sie tauchen in der Ambulanz im Doppelpack und ohne Kind auf, um „zunächst ein Vorgespräch“ zu führen. Stundenlang berichten sie von ihrem sensiblen Thorben-Tristan mit Ärztephobie, bringen tonnenweise ergoogelte Dokumente, alte Impfpässe  und haarsträubendes Halbwissen mit und wollen um jeden Preis mit in den OP.
Lösung: Unmissverständlich klar machen, dass die OP leider nicht auf dem Schoß der Mutter stattfinden kann, und dass die betreuenden Ärzte im Vorfeld auch keinesfalls Kopie ihrer Approbationsurkunden vorzeigen werden.

Substanzmissbrauch-Stefan:

Junger Mann mit bläßlicher Gesichtsfarbe, abgekauten Fingernägeln und langen Ärmeln, der sich beim Beantworten der Drogen-Frage im Bogen fünf Mal neu entschieden hat,  sodass im Textfeld nur durchgestrichene Worte stehen.
Lieber Stefan: Wir verpetzen dich nicht an die Polizei. Wir wollen nur wissen, ob du schon von Haus aus eine Abhärtung gegen unsere guten Narkose-Drogen mitbringst. Alles klar? Hier unterschreiben.

Detail-Detlef:

Dieser Patient trennt sich sehr ungern wieder vom  Aufklärungsbogen. Er füllt diesen in akkurater  Handschrift  akribisch aus und will jeden Punkt dreifach besprechen. Und er braucht mindestens zwei Kopien davon. Dieses unglaubliche Monster-Aufklärungsgespräch verzögert sich immer wieder, weil Detlef nicht einsehen will, dass es völlig wuppe ist, ob seine Galle nun 1996 oder 1997 rauskam, und er deswegen nicht extra seine Frau anrufen muss. Und Erbeerallergien sind für uns auch nicht wirklich relevant. Hier hilft nur hartes Unterbrechen und weiter im Text. Sonst sitzt man mit Detlef übermorgen noch da.

Demenz-Doris:

95 Jahre alt, freundlich zahnlos lächelnd, soll sie für eine Gallenblasen OP unterschreiben. Sie hat eine erstaunlich gute Fassade, die erst auffliegt, als sie es nochmal mit ihren Eltern besprechen will.

Ratzfatz-Renate:

Renate gehört zum Krankenhausinventar. Entweder hat sie keine Lust auf ein Aufklärungsgespräch, oder sie hat es schon tausend Mal gehört, weil sie zum xxxx Re-Eingriff hier ist. Sie unterschreibt für die Nierentransplantation in drei Sekunden und  will direkt wieder nach draußen zum Rauchen. Schnelle Prämedikation, glücklicher Anästhesist.


Machmallauter -Mahmut Orhan „Feel“

Örgs

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Wenn Menschen mir Wortbrocken zuwerfen. Und meinen, ich könnte ihre Gedanken lesen. Örgs.

Ich sitze vorne hinter der Stationstheke am PC, aus Not, hinten war nix mehr frei.

Der Aufzug geht auf.

Eine Frau steigt aus, steuert absatzklackend auf mich zu: “ Herr Schaube??“

(Nein, ich bin nicht Herr Schaube. Der ist 87 Jahre, 162 cm, hat keine Haare und arthritische knubbelige Knie  Und liegt auf Zimmer 8).

Ich sage: „Was möchten Sie bitte?“

Frau, genervt: „Ja, wo liegt denn Herr Schaube???“

Bitte sprechen Sie mit mir in ganzen Sätzen. Lassen Sie mich nicht raten. Ich trage keine Kristallkugel in meiner Kitteltasche (denn hätte ich die, würde ich nicht hier sitzen sondern auf weit weg. Auf einem sonnigem Eiland mit blauem Meer im Rücken und einem Schirmchen Cocktail in der Hand).  Ich kann weder Gedanken lesen, noch Tarot Karten legen. Örgs.

Bitte sagen Sie Guten Morgen oder Guten Tag. So kleine soziale Basics schmieren den Alltag ungemein.

Auch auf Worte wie „Eeeeehhh Kaffee!!??“ reagiere ich nur mit kompletter Gehörlosigkeit.

Bitte legen Sie Ihre guten Manieren (falls Sie denn je welche besessen haben) nicht ab, bloß weil Sie durch eine Krankenhaustür geschritten sind.

Danke. Örgs.


Machmallauter – Yvonne Catterfeld – Irgendwas

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Es ist 2017 und ich hör ein Lied von Yvonne Catterfeld. Crazy times 👀


Generation Y

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Viel ist über die Generation Y geschrieben und gerätselt worden. Ich habe mich geweigert daran zu glauben (jedes Jahr wird eine Sau durchs Dorf getrieben). Aber es gibt sie wirklich!

Assistenzarzt Y (frisch von der Uni): „Wieso muss ich 12 Patienten betreuen und Herr Dr. Schonlangeda nur 11 Patienten?“

Erkläre ihm noch geduldig (Welpenschutz und so) , dass der eine mehr, der andere weniger Patienten hat. Und es sich wieder ausgleichen wird.

Y lässt nicht locker. „Und wieso muss ich schon nach vier Monaten Bereitschaftsdienste machen? “ Diesmal werde ich deutlicher (Welpenschutz off) : „Weil es Ihr Job ist! „ Du wirst nicht dafür bezahlt, weil du auf der Welt bist mein lieber Y.

 

Am nächsten Tag kommt ein Hospitant zum Probearbeiten. Er hat keinen Arztkittel mitgebracht. Wozu auch? Meine Sekretärin zockelt mit ihm los in die Wäscherei. Er bekommt einen Leihkittel. Er beschwert sich, der Kittel ist zu groß. Und überhaupt, wieso muss er zum Mittagessen zuzahlen. In anderen Kliniken…

In der Vorlesung. Die Studenten schlendern in den nagelneuen Hörsaal rein. In der Ecke steht ein Kaffeeautomat, Wasserflaschen und Orangensaft, Obstschale mit Äpfeln, Bananen.

Generation Y: „Wieso gibt es hier keine Kekse? Letztes Mal hatten wir noch Kekse!“

Liebe Generation Y, zwei Arbeitsstellen von Euch sind eine Stelle Generation Golf! 🙂

 

 

 


Rotkohl

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Heute auf Visite. Zimmer 12. Das letzte Zimmer nach einer schweißtreibenden gefühlten 27 stündigen Visite mit Chef. Mein Assistenzarzt verheddert sich bei den 15 Hauptdiagnosen. War das eine Pneumocystis Pneumonie 1987? Wie lange liegt das Urostoma?

Wir kommen ins Zimmer. Gibt schon Mittagessen. Rotkohl mit IrgendwasFrikadelle. Ich mag Rotkohl.

Herr M. mit nacktem Oberkörper bei einem BMI von 42, kurzer Schlüpper. Sitzt an der Bettkante. Kopfhörer auf, guckt Fernsehen. Sieht uns an. Isst seelenruhig weiter. Lässt die Kopfhörer auf.

Chef: „Wie geht es Ihnen?“

Schlüpper (gabelt die Frikadelle auf): „Wieso krieg ich so schlecht Luft?“

Weil du 42 Zigaretten pro Tag rauchst.

Chef erklärt geduldig, der Schlüpper schaufelt ungerührt weiter. Kleckert Rotkohl auf seine grau behaarte Brust.  Schabt den Kohl mit der Serviette ab.

Ich schlucke trocken, ich mochte mal Rotkohl.

Nach der Visite schnell in die Cafeteria. Die Schlange geht bis zur Tür. Endlich bin ich dran. Es ist nur noch Rotkohl da. Mit Zwiebelsauce. Ich mochte mal Rotkohl.

 

 



Handwerker

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In der Garage ist ein Wasserrohr geplatzt. Kein Weltuntergang, aber man möchte es doch repariert haben. Dieses Jahr wäre nett.

Handwerker 1 am Montag: „Wir haben so viel zu tun. Wir müssen gucken. Wir melden uns morgen.“  Dienstag: Kein Rückruf.  Mittwoch: Ich rufe erneut an. Handwerker: „Mailen Sie uns bitte Bilder von dem Rohr, dann gucken wir.“ Ich knipse und maile. Donnerstag: „Ja, Ja, da müssen wir vor Ort gucken. Ich melde mich morgen wegen einem Termin.“ Freitag:  „Da muss ich mit dem Chef sprechen, der ist gerade auf der Baustelle. “ 

Handwerker 2: „Wir haben ein Projekt in der nächsten Woche (wahrscheinlich BER). Evtl. zwischendurch. Termin erst nach Ostern 2021.“

Handwerker 3: „Ja, wegen einem Termin rufen bitte an jedem ungraden Donnerstag um 07.47 Uhr an. Aber nicht die nächsten drei Donnerstage, da ist die Sekretärin im Urlaub!“

Ich stelle mir gerade vor: Patient mit Unterschenkelfraktur. Unfallchirurg: „Wir haben so viel zu tun, geht erst nach Ostern. Und bitte einmal vorher die Fraktur selbst röntgen.  Wir melden uns sowieso nicht.“  🙂


Machmallauter- Julia Michaels – Issues

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Sie lispelt, sie atmet seltsam, sie kratzt. Sie trägt einen Schlafanzug.
Ich mag es.


Können Sie das?

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Mein Assistenzwelpe beschwert sich.  Viele Patienten fragen ihn, wenn er Blut abnimmt, Viggos legt etc.: “ Ja, können Sie das denn auch????“ Nebenbei, irgendwie kann ich sie verstehen, der Welpe sieht aus wie 14 Jahre. Dazu kommt dann ein misstrauisches Starren, wenn er ein Pflaster abzieht.

Reaktionen, die ihm auf der Zunge liegen, aber den Mund nicht verlassen:

„Nein, aber ich tu’s trotzdem…“

„Ja, ich habe einmal zugeguckt.“

 „Wenn Sie nachher noch zwei Füße haben, habe ich alles richtig gemacht…“

„Das kommt drauf an. Sind Sie denn privat versichert?“

„Die Freundin Ihres Mannes hat 30.000 geboten, wenn ich’s nicht kann. Was bieten Sie?“

*irres Lachen und Skalpellschwingen, während aus dem Nachbarzimmer erst Geschrei und dann ein ersterbendes Röcheln zu hören ist*

Und mein lieber Welpe….Sei froh, dass du ein Mann bist. Jeder Pflegehelfer, der kaum geradeaus laufen kann,  wird von den Patienten als „Herr Doktor“ tituliert. Ich bin seit zwanzig Jahren immer noch „die Schwester“.  🙂


Brückentag

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ist,  wenn ich auf D.s rechtem Augenlid eine kleine runde Sommersprosse sehe, die mir noch nie aufgefallen ist.

Hab ich doch jetzt schön geschrieben.


Kalt

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Frauen, die sich bei angenehmen 24 Grad Celsius fröstelnd eine Strickjacke überziehen, sind mir suspekt. Häufig werden die Jackenärmel dann noch über die Handgelenke gezogen. Gekippte Fenster müssen dann selbstverständlich geschlossen werden. Es zieht! Das fünfzig andere Menschen im Restaurant dann rotköpfig vor sich hin köcheln, uninteressant.  Dann umschließen die zitternden Hände eine Tasse grünen Tee, der wie feuchte Wiese riecht.

Aber eine Steigerung erlebte ich dann im letzten Urlaub. Gluthitze. Ich warte auf einen Spa Termin, habe kurze Hose, T-Shirt, Flip Flops an. Dann kommt eine Frau im flauschigen Bademantel. An den Füßen diese Hotel Frottee Pantoffeln. Dazu hellblaue „Kuschelsocken“.

Nun ja. Ich habe Urlaub, versuche keine Vorurteile zu haben, sie nicht aufkommen zu lassen. Ich suggeriere mir Entspanntheit. Geistige Mitte und so.

Aber es gelingt nicht. Es kam, wie ich es befürchtet hatte. Die flauschige Frau zieht fröstelnd ihren Bademantel um sich. Vergürtet sich. Inspiziert mutwillig geöffnete Fenster. Schon vom Zusehen steigt mein innerer Thermostat. Sie dreht den Kopf und guckt auf meine nackten Füße. Zieht erstaunt die Augenbrauen hoch.

Und sagt: “ Es ist sehr fußkalt hier!“ 

 

 


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